Vorderachse - Episode 1

Vor einigen Wochen, als ich die Stoßdämpfer und Federn der Hinterachse ausgebaut habe, war der Plan eigentlich, die Federn an der Vorderachse auch zu entfernen. Im ersten Versuch bin ich aber grandios gescheitert. Ich hatte mich im Vorfeld nicht wirklich schlau gemacht, wie man das anstellt und habe es vom Prinzip her wie an der Hinterachse probiert. Heißt, Federspannerscheiben einschieben, zusammendrücken und dann zur Seite rausholen. Das funktioniert aber vorne nicht, zumindest nicht mit dem Spanner, der mir zur Verfügung steht. Die Scheiben müssten irdenwo in der Gegen der 3. oder 4. Windung eingeschoben werden, damit man die Feder weit genug zusammengedrückt bekommt. An der Stelle passen die Scheiben aber nicht. Es musste also ein anderer Plan her. Da ich -leichtsinniger Weise erst seit letzter Woche- Besitzer der Mercedes WIS CD bin, habe ich dort die Antwort gefunden. Sie ist nicht 42. Es ist eigentlich sogar viel einfacher.

 

Als erstes werden die beiden äußeren Spurstangen und der Drehstab demontiert. Um die Spurstangen herausdrücken zu können, muss zunächst der Splint abgezogen werden, der die Kronenmutter sichert. Die Kronenmutter runterdrehen und den Kugelkopf mit einem Abdrücker herausdrücken. Mit einem lauten Knack verabschiedet sich die Spurstange der Schwerkraft folgend nach unten. Der Drehstab ist über Koppelstangen und auf Gummis gelagert mit dem unteren Querlenker verbunden. Die Koppelstange ist eigentlich nichts weiter als eine lange Schraube mit einem aufgeschobenen Röhrchen, das den Abstand vorgibt. Die Gummis sehen eigentlich noch ganz gut aus, die Schraube und das Röhrchen sind aber hoffnungslos verrostet. Ich bekomme zwar die Mutter problemlos ab, das Röhrchen sitzt aber bombenfest. Das wird wohl ein Fall für die Flex werden... Anschließend noch schnell die Gummilager des Drehstabs am Fahrzeugrahmen lösen, dann ist das gute Teil auch schon frei und kann beiseite gelegt werden.

 

Jetzt kommt der spannendere Teil, vor dem ich zumindest gesunden Respekt habe. Als nächstes sollen nämlich die Federn aus ihrem Käfig befreit werden. Wenn dabei etwas schief gehen sollte, besteht ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Federn wild durch die Gegen schießen und Löcher in Scheibe, Dach oder Schrauber schießen. Oder schlimmer noch, ins Auto! Also, es ist in jedem Fall Vorsicht geboten. Direkt unter den Querlenker stelle ich mein absolutes Multitool: die Bitburger-Stubbi Kiste. Die begleitet mich übrigens jetzt schon im dritten Projekt und ist für 3,42 EUR ein echter Schnapper. Zwischen Kiste und Querlenker kommt noch ein großer Holzklotz, der Lenker solle es ja schließlich einigermaßen bequem haben. Nun wird die Hebebühne so weit herunter gefahren, dass der Querlenker fest aufsitzt. Anschließend müssen die beiden Exzenterschrauben an den unteren Querlenkerlagern entfernt werden. Dabei sollte man die Stellung vor der Entnahme markieren, da hierüber der Sturz der Räder eingestellt wird. Da ich die Teile jedoch lackieren werde, bring ein Anzeichnen nicht wirklich viel und selbst Anreißen mit einem Dorn dürfte durch den dicken Lack verschwinden. Ich mache also Fotos von allen Schrauben und hoffe, dass das ausreicht. Vermutlich muss die Achse und Spur aber nach dem Zusammenbau ohnehin neu vermessen und eingestellt werden, insofern mache ich mir darum jetzt keine wirklichen Sorgen. Die Schrauben sitzen erwartungsgemäß sehr fest, aber mit einer ordentlichen Verlängerung an der Nuss geht's auch ohne Schlagschrauber (auf den ich übrigens immer noch warte...). Nach dem Lösen der Muttern lassen sich die Schrauben mit einem Dorn heraushämmern. In dem Moment ist das Risiko von Tod durch Feder bereits enorm gestiegen. Als nächstes muss die Bühne vorsichtig wieder hochgefahren werden. Die Theorie besagt, dass der untere Querlenker dann einfach auf seinem Bettchen liegen bleibt, der Platz zwischen unterem und oberen Federteller also größer wird und die Feder dadurch freigelegt wird. Zur Hälfte funktioniert das auch, nämlich am hinteren Querlenkerlager. Das vordere bleibt aber in seiner alten Position. Warum nur? Ich fahre die Bühne wieder runter, um mir das ganze mit halb zugekniffenen Augen aus der Nähe anzusehen. Das Problem ist recht schnell gefunden: Das Auge der Querlenkeraufnahme ist vorne verbogen. Vermutlich hat das Auto hier mal aufgesetzt und genau diese Ecke erwischt. Ich versuche, das Teil mit einer Zange gerade zu biegen, obwohl mir eigentlich vorher schon klar ist, dass das nicht funktionieren wird. Genau so ist es. Die Alternative ist, den Querlenker nicht nach unten sondern nach außen aus der Führung zu entnehmen. In der Prüfung für Arbeitssicherheit wäre ich mit dem Vorhaben sicher durchgefallen, aber hier in meiner kleinen privaten Werkstatt kann man das mal machen. Also Bühne wieder ein ganz kleines Stück hochfahren und dann aus sicherer Position mit einer entsprechenden Verlängerung die vordere Querlenkeraufnahme nach außen schlagen. Zunächst tut sich nichts, dann gibts einen lauten Schlag, der meinen geliebten Bitburger-Kasten arg verletzt. Aber der Schmerz ist es wert, denn der Querlenker liegt nun mit beiden Aufnahmen auf dem Kasten-Holz-Gestell auf. Also, Bühne weiter hochfahren und tatsächlich, nach ein paar Zentimetern hängen Querlenker und Feder frei in der Luft. Keine Spannung mehr, keine Gefahr. Gar nicht so schwer, wenn man weiß wie es geht. Ich nehme die Feder ab und lege sie zu den übrigen Bauteilen, die ich nicht mehr brauche. Beim Zusammenbau werden hier Tieferlegungsfedern von H&R eingebaut. Uuuuuuhhhh.... damit werde ich mir den Zorn vieler Originalitätsfanatiker auf mich ziehen. Aber wenn es eine Sache gibt, die mir am 107er nicht wirklich gefällt, dann ist es der Abstand im Radkasten vorne und hinten. Vorne ist es für meinen Geschmack viel zu viel, hinten zu wenig Platz. Genau dieses Verhältnis sollen die H&R Federn ausgleichen. Zurück zum eigentlichen Thema. Der obere Querlenker ist nun kein Problem mehr. Zwei Schrauben lösen, rausnehmen, und dann fällt mir das Konstrukt aus oberem und unterem Querlenker und Achsschenkel in den Schoß.

 

Ich wiederhole das Prozedere auf der Beifahrerseite. Glücklicherweise ist die Aufnahme hier nicht verbogen, sodass es hier wesentlich unkomplizierter vonstatten geht. Ich würde das Trio der Querlenker und Schenkel gerne noch in die Einzelteile zerlegen, aber leider passt mein Kugelkopfausdrücker nur beim oberen Querlenker. Für den unteren muss ich mir noch eine etwas größere Variante besorgen. Das hat nun aber etwas Zeit, da ich die Lackierarbeiten ohnehin erst angehen möchte, wenn auch der Vorderachsträger draußen ist. Dafür muss aber zuerst der Motor raus. Hierfür werde ich Hilfe brauchen, was aufgrund der Corona-Situation im Moment etwas schwierig ist. Aber was soll's, ich habe noch genug anderes zu tun...

 

 

Dauer der Arbeiten: 2,5 Stunden

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