Auf die Schnelle, auf die Schnelle...

...mach ich heut' die Kardanwelle. Brüller.

 

Ich bin zwar arbeitsmäßig schon ganz gut versorgt, der Keller und Teile des Speichers liegen inzwischen voll mit Autoteilen, die in irgendeiner Art und Weise eine Behandlung benötigen, aber ich möchte die Demontage noch etwas fortführen. Den Motorausbau möchte ich nicht auf die lange Bank schieben, weil der Wagen immer noch ein deutliches Übergewicht vorne hat (wie ich also), und das macht mir unterbewusst etwas Sorgen. Damit der Block raus kann, müssen zunächst natürlich alle "Anbauteile" entfernt werden. Heute ist der Rest dran, der sich unten am Auto befindet. Das sind die Kardanwelle und das hintere Getriebe- bzw. Motorlager inkl. der Halterung dafür. 

 

Die Kardanwelle hängt hinten ja bereits frei in der Luft, befestigt ist sie noch vorne am Getriebe und in der Mitte, wo sich das Mittellager befindet. Ich gehe von hinten nach vorne, d.h. heute ist zuerst das Mittellager dran. Bevor ich das abnehme, stütze ich die Kardanwelle unmittelbar daneben mit einem Holzbalken ab, damit die Welle nicht nach unten fallen kann. Das Mittellager ist letztlich ein Kugellager mit Gummiummantelung, das auf einer Metallbrücke liegt. Durch das Kugellager läuft axial die Kardanwelle. Die Metallbrücke muss also gelöst werden, dafür müssen lediglich zwei 13er Sechskantschrauben entfernt werden. Danach kann das gesamte Teil samt Kardanwelle nach unten abgezogen werden. Eine kurze Inspektion des Mittellagers sagt mir: das Teil muss neu. Gummi ist spröde und hält nur noch an ein paar Fetzen aneinander. Ich bin nicht Nostradamus, aber das Teil hätte nicht mehr lange gelebt. Beim Kreuzgelenk bin ich nicht ganz sicher. So richtig geschmeidig bewegt sich das nicht, allerdings kenne ich den Geschmeidigkeitslevel im Originalzustand nicht. Das lasse ich mal einen Fachkundigen mit Fachverstand checken, aber mein Gefühl sagt mir, dass sich auch hier ein Ersatz ankündigt...

 

Am vorderen Ende der Kardanwelle ist diese mit dem Getriebeflansch verbunden, und zwar -wie am Differential auch- mit insgesamt sechs Schrauben. Drei gehen in den Getriebeflansch, drei in die Kardanwelle. Es muss lediglich eines der Trios gelöst werden, damit sich die Welle abnehmen lässt. Im Prinzip kein Problem, lediglich kommt man hier nicht so gut an die Schrauben ran wie am hinteren Ende. Denn die Verbindung liegt tief im Getriebetunnel, unten befindet sich das hintere Motorlager auf den Lagerträgern. Somit braucht man entweder eine lange Verlängerung auf der Ratsche oder man entfernt das Motorlager. Da das Lager ohnehin raus muss, entscheide ich mich für letztere Version. Nächstes Problem: die Schrauben des Motorlagerkonstrukts sind nicht erreichbar, da direkt darunter der Querträger meiner Hebebühne verläuft. Ich habe ein déja vu. Ein sehr ähnliches Problem hatte ich die Tage schonmal beim Abbau der Hinterachse. Also ähnliche Lösung... Auto auf Böcke ablassen, Querträger verschieben, Auto wieder hoch. Danach also den (zweiteiligen) Motorträger lösen, der auf jeder Seite mit fünf und am Motorlager mit zusätzlichen zwei 13er Schrauben montiert ist. Beim Entfernen der letzten Schrauben kippt der Motor ein klein wenig nach hinten, was für einen kurzen Adrenalinschub sorgt. Herausfallen kann er Gott sei Dank nicht, das ist mir klar, aber erschreckt habe ich mich trotzdem. Sitze ja schließlich direkt unter dem 225kg Monster... Das Motorlager, ein ziemlich mächtiger Gummiblock in V-Form (Zufall oder Absicht?), sieht übrigens erstaunlich gut aus. Nachdem ich bisher kaum ein intaktes Gummi-Teil an meinem SLC gefunden habe, bin ich -zumindest auf den ersten Blick- positiv überrascht.

 

Weiter geht es jetzt mit den drei Schrauben am vorderen Ende der Kardanwelle, bzw. an der vorderen Hardyscheibe. Zwei Schrauben lösen, Automatik in Neutral, Welle drehen, Automatik in P, noch eine Schraube lösen, Kardanwelle abnehmen. Easy going. Die Welle lässt sich auch von einer Person alleine bequem tragen, also kann ich Stützen entfernen und das gute Stück auf dem Boden ablegen. In der Mitte sind die beiden Teile der Welle ineinander gesteckt. Laut Explosionszeichnung im Internet sollte hier eine Gummimanschette vor Dreck schützen. Diese fehlt bei mir allerdings komplett. Vermutlich die ausgleichende Gerechtigkeit für das intakte Motorlager. Yin und Yang. Ein weiterer Posten für die nie endende Ersatzteilliste.

 

Um die Arbeit unterhalb des Wagens so weit wie möglich abzuschließen, nehme ich die noch verbliebenen Hitzebleche und den Schutz im Getriebetunnel ab. 

 

Das ging alles etwas zu schnell bisher. Ich habe noch etwas Zeit und da das Wetter heute ungewöhnlich schön und warm für die Jahreszeit ist, möchte ich etwas in der Sonne machen. Ich könnte am Rhein mit dem Differential Gassi gehen. Ne, die Leute gucken dann immer so irritiert. Also schnappe ich mir das Diff und gehe mit ihm in den Garten. Ganz alleine und unbeobachtet. Mit verschiedenen Hilfsmittelchen entferne ich den groben Schmutz von Antriebswellen und Differential und weil das in der Sonne so viel Spaß macht, mache ich direkt mit den Hitzeblechen und dem eben abmontierten Motorträger weiter. Übrigens stelle ich hierbei fest, dass Topfreiniger (aka Scheuerspirale oder Kratzschwamm) doch eine Daseinsberechtigung haben... Ich habe noch nie im Leben damit einen Topf sauber bekommen, aber bei den Hitzeblechen funktioniert es damit echt prächtig. Ich werde den Hersteller W5 mal anschreiben und vorschlagen, das Produkt in Hitzeblechreiniger umzubenennen. Durch dieses Erfolgserlebnis motiviert entscheide ich, nach einer kleinen Pause mit den Blechen weiterzumachen und auch den letzten Dreck und die letzten stumpfen Stellen heraus zu schmiergeln. Mit Körnungen von 80 bis 800 mache ich mich ans Werk und freue ich mich das charmant glänzende Ergebnis einer Arbeit, die außer mir nur der TÜV Prüfer bei der Abnahme zu sehen bekommen wird. Nach den ersten 100km werden die Bleche vermutlich wieder so versifft aussehen wie heute Morgen. Ganz schön bescheuert eigentlich, so viel Zeit in Teile zu investieren, die unter dem Auto montiert sind und sogar da noch unter dem Auspuff versteckt werden. Aber hey, dieses ganze Hobby hat nicht unbedingt etwas mit Vernunft zu tun, oder?

 

Eigentlich sollte jetzt Feierabend für heute sein. Aber ich kann nicht aufhören, denn zwischenzeitlich war die Post da und hat die Aufkleber für meine Zündspule gebracht. Einer der Sternzeit-Kollegen hat sich die wahnsinnige Mühe gemacht, diese Aufkleber absolut originalgetreu nachdrucken zu lassen, da der Zahn der Zeit die Aufkleber in beinahe allen 107ern mehr oder weniger restlos aufgelöst hat. Die Zündspule selber hatte ich die Tage schon neu lackiert, jetzt klebe ich die Sticker noch an die richtigen Stellen und bin echt zufrieden mit dem Ergebnis. Kann sich definitiv so sehen lassen. Aber leider erst in vielen vielen Wochen, daher wandert das jetzt wieder neuwertig aussehende Teilchen erstmal in den Karton und ins Lager.

 

 

Dauer der Arbeiten: 6 Stunden

Kommentar schreiben

Kommentare: 0