Scheinwerferreinigungsanlage

Die Scheinwerferreinigungsanlage ist vermutlich das unnötigste Extra an meinem SLC. Wenn ich mit der Restauration fertig bin, also irgendwann in der nächsten Dekade, fahre ich den Wagen sowieso nur noch bei schönem Wetter. Die Scheinwerfer haben also, selbst wenn sie sich ganz ganz viel Mühe geben, keine Chance, dreckig zu werden. Kein Dreck, keine Reinigung. Und sollte der höchst unwahrscheinliche Fall doch einmal eintreten, wird das Gewische vermutlich ohnehin kaum einen nennenswerten Unterschied machen. In Anbetracht dieser Umstände kann ich selber nicht so genau erklären, warum ich der Scheinwerferreinigungsanlage (Anm. d. Redaktion: im Folgenden SRA genannt, um die Speicherkapazität des Internets nicht zu sprengen) soviel Zeit widme. Denn es ist absehbar, dass deren Restauration viel Zeit und Geduld in Anspruch nehmen wird.

 

Fangen wir vorne an, bzw. hinten, genauer gesagt, in der Mitte. Fahrersitz. Da saß ich in den letzten 1,5 Jahren schon des öfteren und fragte mich, wie man die SRA eigentlich betätigt. In meinen anderen (moderneren) Fahrzeugen hatte ich immer einen speziellen Schalter hierfür, meist irgendwo in der Nähe des Lichtschalters. Aber hier? Fehlanzeige.  Betätigung der Scheibenreinigungsanlage während das Licht eingeschaltet ist? Habe ich auch schon von gehört, aber es hat sich nie etwas getan. Kann natürlich auch ein Defekt sein. Aber erst jetzt bin ich eines Abends der Sache einmal nachgegangen und habe -google sei Dank- erfahren, dass die SRA in meinem Model über einen Fußschalter betätigt wird. Fußschalter? Habe ich nie wahrgenommen. Komisch. Ich stiefel in die Werkstatt und will mir diesen ominösen Fußschalter mal aus der Nähe ansehen. Und schau an: den gibt es gar nicht. Bzw. nicht mehr, denn Löcher für die Aufnahme eines Schalters sehe ich und es scheint auch so, als wäre da mal was gewesen. Sensationell. Da hat doch irgendein Vorbesitzer vermutlich das Problem einer nicht funktionierenden SRA gelöst, indem er einfach den Schalter ausgebaut hat. So kann man es natürlich auch machen...  Ich beschließe  einstimmig, diesen Qualitätsstandard nicht fortzusetzen. Ebay unterstützt mich dabei und findet binnen Sekunden einen gebrauchten Ersatzschalter in gutem Zustand für kleines Geld. 3, 2, 1, meins. Wäre doch gelacht... Vermutlich ist das Relais auch nicht mehr da, wo es sein sollte. Aber das schaue ich mir an einem anderen Tag an. Elektrik kommt später dran.

 

Nachdem der Entschluss zur Aufbereitung der SRA aber jetzt unwiderruflich feststeht, müssen erstmal Motor, Wellen und Getriebe in Schuß gebracht werden. Bevor das auch nur Ansatzweise möglich ist, muss der Motor von seiner Schutzhülle befreit werden. Ich hatte ja an einer Ecke schonmal damit angefangen, also weiß ich, was auf mich zukommt. Wenn ich das richtig beurteilen kann ist der Motor zuerst in einer Folie eingeschweißt, dann mit einer Kunststoffschicht ummantelt und schließlich mit Unterbodenschutz gestrichen worden. Das muss alles runter, also Schraubenzieher frei. Könnte nicht meine Lieblingsaufgabe werden, aber ist letzten Endes auch kein Hexenwerk. Ganz rückstandslos bekomme ich es mit dem Schraubenzieher nicht hin, irgendwann, wenn der Teilereiniger eh aufgeheizt ist, bearbeite ich damit auch nochmal das Gehäuse des SRA Motors. Es reicht in jedem Fall, um den Motor von außen zu begutachten (sieht alles gut aus) und ihn zu öffnen. Das schwarze Motorgehäuse ist mit einem hellen Kunststoffgehäuse verbunden. Hierin ist ein Getriebe untergebracht, das die Drehbewegung des Elektromotors von einer Welle aufnimmt und über ein Zahnrad in eine Hub- und Ziehbewegung übersetzt, die dann im Folgenden über weitere Wellen an die Wischergetriebe weitergegeben wird.

Dieses helle Gehäuse öffne ich als erstes, indem ich die vier kleinen Schräubchen herausdrehe. Ich würde den Deckel gerne wie üblich in einen Karton packen, aber das geht nicht, da er durch drei Kabel fest mit dem Motor verbunden ist. Die Kabel münden und drei Schleifkontakten, die den Strom auf eine runde Plastikscheibe mit einer aufgebrachten, leitenden Metallplatte weitergeben von wo aus wiederum der Motor angesteuert wird. Die Form der Metallplatte bestimmt dabei die Start- und Endstellung des Getriebes. Kreative Lösungen der 70er Jahre, Hammer. Die Kunststoffscheibe ist durch einen Seegerring gesichert. Ich nehme ihn und anschließend die Scheibe ab, bringe die Kontakte wieder in Form und säubere sie mit Kontaktspray.

 

Unter der Kunststoffabdeckung liegt eine hübsch verzinkte Metallplatte, auf der die Führung des Schiebers der Welle fest vernietet ist. Der Schieber ist außerdem mit dem Zahnrad verbunden, von wo aus er die Bewegung aufnimmt. Die Verbindung ziehe ich vorsichtig nach oben von der Achse ab und entferne die Schrauben, die die Metallplatte mit dem Motor verbinden. Damit sind diese beiden Teile schonmal getrennt und das Arbeiten wird etwas erleichtert, weil das störende Gestänge zur Seite gelegt werden kann.

 

Als nächstes will ich den Motor mal ausprobieren. Jetzt, wo keine Last mehr an ihm hängt, bewegt er sich hoffentlich. In einem Test vor einigen Tagen gab er ja keinen Mucks von sich. Es gibt wie schon beschrieben mehrere Kabel, die mit der Autobatterie kurzgeschlossen werden könnten und die laut Sternzeit Forum folgende Funktionen haben:

 

braun = Masse

schwarz = Rücklauf

rot = Ansteuerung

gelb = Wischwasserpumpe

 

Also müsste sich ja bei braun und rot was tun. Ist aber nicht der Fall. Schade, wäre ja zu einfach gewesen. Ich probiere noch andere Kombinationen, aber es tut sich nichts. Also muss der Motor geöffnet werden, vielleicht lässt sich ja im Inneren etwas erkennen. Zwei Schrauben von der Kopfplatte ausgehend halten eben diesen am Gehäuse fest. Das Ende der Schrauben steckt in kleinen viereckigen Metallplättchen, die von außen im Gehäuse stecken und -wenn man nicht aufpasst- schnell verloren gehen können. Ist der Kopf ab, kann man den Inhalt, also Welle, Anke, Kommutator usw. herausziehen. Ich bin leider kein Elektriker oder Elektro-Ingenieur und habe nichtmal im Physik Unterricht sonderlich gut aufgepasst, deshalb kann ich jetzt eigentlich nicht viel mehr machen als mir die Wicklungen anzusehen und rein optisch zu begutachten. Ich murmle mehrmal so etwas wie "aha", "hmm" und "sieht doch gut aus". Aber wirklich sicher bin ich bei allen drei Aussagen nicht. Ich hatte mir auf youtube mal angesehen, wie man die Wicklungen eines E-Motors mit einem Multimeter prüfen kann. Aber ich bin nicht ganz sicher, an welchen Stellen ich zum Messen ansetzen muss. Ich habe eine Vermutung (Kommutator und Wicklungen), aber ich könnte auch völlig daneben liegen. Fakt ist: die Wicklungen sind nicht schwarz, was ich schonmal als gutes Zeichen deute (und da bin ich mir sogar sicher) und die Kohlen sehen auch noch sehr gut aus. Möglicherweise gab es einen Kurzschluss (hoffentlich nicht durch meine Tests eben!) und in der Wicklung ist etwas kaputt gegangen. Das kann vielleicht mein Freund der Boschdienst herausfinden. Für heute habe ich beim Motor jedenfalls ein dead end erreicht.

 

Also schaue ich mir den Rest der SRA an. Ich würde gerne die Wellen aus den Rohren entnehmen, aber das ist leichter gesagt als getan. Als erstes öffne ich dafür die Deckel der drei Getriebegehäuse und fange auf der Seite des Motors an. Um die Deckel abnehmen zu können, müssen die Gehäuse an einigen Stellen vorsichtig mit Hammer und Meißel bearbeitet werden, da die Teile verpresst sind. Unter dem Deckel befindet sich ein Papierfetzen, der aussieht, als wäre er 1912 mit der Titanic untergegangen. Ob das eine Dichtung war oder sonst irgendwas ist nicht mehr zu erkennen. Unter diesem Fetzen kann man erkennen, wie die Welle durch das Gehäuse verläuft und das Zahnrad hineingreift, um die Bewegung abzugreifen und an die Achse für den Wischer zu übergeben. Dieses Zahnrad nehme ich heraus, mitsamt allem Rost, der sich darauf niedergelassen hat. Vor allem das Gewinde direkt am Motor ist von der braunen Pest befallen und ich vermute, dass sich die Welle deshalb auch keinen Millimeter mehr bewegt. Nachdem ich so bei allen drei Getrieben vorgegangen bin, lässt sich die hintere Welle herausziehen und auch das erste, besonders verrostete Getriebe kann ich abnehmen. Allerdings schaffe ich es auch mit Mühe, WD40, Rostlöser, Hammer und Schraubstock nicht, die erste Welle von der Metallplatte (mit Schieber, Laufschiene) zu trennen.

 

Ich habe nur Rostlöser in Sprühdosen aber keinen, in den ich das Teil einlegen könnte. Aber ich wollte ohnehin mal die galvanische Entrostung ausprobieren. Hier habe ich nun einige Kandidaten für dieses Experiment. Die können sich auf was gefasst machen. Morgen.

 

 

Dauer der Arbeiten: 4 Stunden

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Kommentare: 1
  • #1

    markus1971 (Donnerstag, 13 Februar 2020 08:25)

    Hallo Tom,

    ich bin entsetzt ;-) , die Scheinwerferreinigungsanlage ist doch die Veredelung eines jeden SLC, wie kannst du sie so verreissen !? Für mich die wichtigste SA, meine beiden SLC haben sie leider nicht, der US-WAgen sowieso wegen der US-Stoßstangenaufnahme (dort sitzt normalerweise die Mechanik bei den Europäern mit SRA), der Europa-Wagen hat sie leider nicht geordet bekommen, der hat noch nicht mal ein Typenkennzeichen...ich bewundere ja deine Vorgehensweise, du hast ja die Ruhe weg, ich lege alle abgebauten Teile weg und stürze mich auf die Schweissarbeiten, alles andere interessiert mich vorerst nicht...

    Viele Grüße Markus