Hier dämpft nichts mehr!

Samstag Mittag, die Kurze schläft, meine großen 2 Stunden beginnen! Meine Hinterradbremsen liegen noch bei Mario, der teilweise Erfolgt hatte. Ein allerletzter Kolben wehrt sich noch mit allem, was er hat. Aber auch der wird verlieren. Garantiert. Heute nützt mir das aber nichts, ich brauche eine andere Baustelle, auf der ich mich 120min ohne Haftung der Eltern austoben kann.

 

Meinen ersten Versuch gönne ich dem Auspuff. Wir erinnern uns: der Endtopf, Mittelschalldämpfer und die Hosenrohre zum Krümmer hin sind aber noch (sehr) fest. Beim Mittelschalldämpfer habe ich letztes mal schon aufgegeben. Hier hat der Rost bereits jede Möglichkeit des Trennens zunichte gemacht. Wenn ich also nicht die Flex ansetzen möchte -was nur die allerletzte Option wäre- bleibt nur die Möglichkeit, Hosenrohre und Krümmer zu trennen und dann den kompletten Strang am Stück abzunehmen. Die beiden Hosenrohre sind mit jeweils zwei Sechskantschrauben mit dem Krümmer verbunden, an die Schrauben kommt man von unten mit viel Müh' und Not und noch mehr Verlängerungen ganz gut ran. Das Problem ist aber, dass sich die Muttern auf der anderen Seite freudig mitdrehen und man hier weder von oben noch von der Seite wirklich ansetzen und gegenhalten kann. Wenn überhaupt ist eigentlich nur von unten her ein klein wenig Platz, um noch eine Hand oder zumindest Teile davon durchzustecken. Ich muss mir etwas basteln. Ich schnappe mir einen alten 11er Ringschlüssel und erhitze ihn mit blauer Flamme soweit, dass er sich im Schraubstock biegen lässt. Mit um 90 Grad abgewinkeltem Ende lässt sich der Ring über die Mutter legen und der Rest des Schlüsssels bequem von unten halten. Problem Nr. 2 wird sofort deutlich: die Mutter ist keine Mutter mehr sondern nur noch ein Ring. Irgendwer muss irgendwann die Mutter irgendwie rundgedreht haben. Meine hübsche Eigenkreation hilft mir also nicht weiter und ich fürchte, dass mir hier außer einem Wunder auch nichts anderes helfen wird. Vermutlich werde ich an irgendeiner Stelle schneiden müssen. So etwas will aber nicht überstürzt werden, außerdem wäre das jetzt zu laut, weil dann die Kleine wach würde, was meine verbleibenden 100min auf 0 reduzieren würde. Also Ersatzbeschäftigung suchen.

 

Ich mache mit etwas vermeintlich einfachem weiter, nämlich den Stoßdämpfern. Irgendwann müssen sie eh raus, also warum nicht heute?! Eigentlich sollte das Fahrzeug für diese Arbeit auf den eigenen Rädern stehen. Da das aber nicht aktuell schwierig ist, fahre ich die Bühne runter und unterstütze die Querlenker von unten mit Holzklötzen. Vorne ist der Ausbau der Stoßdämpfer recht einfach. Von oben die beiden Muttern lösen und die darunter liegende Scheibe und den Gummidämpfer entnehmen. Einziges Problemchen an der Stelle: die Kolbenstange des Stoßdämpfers dreht sich beim Lösen der Muttern ganz gerne mit. Wieder einmal braucht man eigentlich -d.h. laut WHB- ein Spezialwerkzeug. Mit einer großen Zange und etwas Geduld geht es aber auch so ganz gut.

Am unteren Ende sind die Stoßdämpfer mittels Fuß und jeweils zwei Schrauben mit dem Querlenker verbunden. Hier kommt man überall gut ran, lässt sich also einfach abschrauben. Wenn alle Schrauben los sind, einfach die Stoßdämpfer zusammendrücken und zur Seite entnehmen. 

 

Während ich mich noch freue, dass das mal wieder eine schöne und einfache Arbeit war, erkenne ich auf der Fahrerseite den Rost des Grauens, der mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Der Radkasten ist genau an der Stelle, an der sich eben noch der Stoßdämpfer befunden hat, quasi nicht mehr vorhanden. Ordentlich durchgerostet kann man quasi auf die Konsole durchblicken, an der der Stoßdämpfer festgeschraubt ist. Ganz großer Mist, denn hier dürfte Schweißen deutlich aufwendiger werden. Ich verdränge das Problem aber bis auf weiteres, denn ansonsten komme ich heute nicht weiter. Viel lieber möchte ich heute noch die hinteren Dämpfer entfernen.

 

Im Prinzip ist das Vorgehen hier ähnlich, lediglich etwas fummeliger. Die obere Stoßdämpferaufnahme befindet sich hinter dem Rücksitz und lässt sich nur duch eine runde Öffnung von ca. 10cm Durchmesser erreichen. Erstmal die weiße Kunststoffabdeckung vorsichtig abnehmen und dann versuche ich mit verschiedenen Maulschlüsseln und Zangen die Muttern zu entfernen. Ich komme mir dabei vor wie ein Chirug, der per Bauchspiegeltechnik durch winzige Löcher im Bauch herumwühlt, um einen Blinddarm zu entnehmen. Gut, mit meinem ölverschmierten Händen hätte man mich vermutlich schon des OP's verwiesen, aber Ihr wisst, was ich meine... Irgendwann ist die Operation geglückt, der Patient noch nicht tot und ich steige wieder aus dem Wagen aus und diffundiere unter die Hinterachse. Die Stoßdämpfer sind hier von unten mit einer Sechskantschraube (13er?) befestigt. Hier braucht man kein OP-Besteck sondern lediglich eine große Ratsche und zack, sind die Dämpfer lose und lassen sich durch die Öffnung im Querlenker nach unten entnehmen.

 

Da liegen sie nun, vier alte Stoßdämpfer, von denen einer kaputte als der andere ist. Vor allem die vorderen haben offensichtlich kein einfaches Leben gehabt. Die Kunststoffummantelung ist teilweise schon abgefallen, die Dämpfergummis sind komplett porös und bröseln auseinander. Beim Zusammendrücken der Dämpfer merkt man schnell, dass sie ihren Namen inzwischen zu unrecht tragen, denn die dämpfen ganz bestimmt nichts mehr außer meine Stimmung, wenn ich auf das verrostete Loch im Radkasten schaue...

 

 

Dauer der Arbeiten: 2 Stunden

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