Wer bremst, verliert (pt 3)

Waaaas? Seit zwei Wochen kein Update im Blog?! Skandal! Ganz untätig war ich nicht, aber tatsächlich war zuerst die Tochter und dann ich selber krank. Und da zumindest die männlichen Leser sicher gut nachvollziehen können, dass mit einer ausgewachsenen Männergrippe nicht zu spaßen ist, ist das Projekt leider kurzzeitig etwas in den Hintergrund gerückt. 

 

Genug gejammert, was ist trotz aller Viren passiert? Good news first: die Bremsen sind raus. Yeah. Ehrlich gesagt, das Spezialwerkzeug hätte ich für den Ausbau eigentlich gar nicht gebraucht. Erst als es dann da war ist mir aufgefallen, dass im Bremsenreparatursatz ohnehin neue Haltefedern enthalten sind und ich die alten sicherlich nicht nochmal einbauen werde. Also hätte ich sie auch mit dem Seitenschneider durchkneifen können und hätte somit etwas Zeit gespart. So habe ich sie unter lautem Fluchen mit dem Einbauwerkzeug um 90 Grad gedreht und dann herausgefrickelt. Sind diese Federn einmal draußen, lassen sich die Bremsbacken mit etwas Kraft und Wackeln nach vorne aushebeln, sodass man die verbliebenen Federn entfernen kann, deren Job es eigentlich ist, die Backen zusammen zu ziehen. Danach fallen mir die Backen nebst Federn quasi in den Schoß und das Werk ist vollbracht.

 

In meinen Träumen sehe ich mich danach -mit einem Lächeln im Gesicht- die Nabe und die Bremsankerplatte herausziehen, als hätten sie seit Dekaden nur auf mich und meinen Schraubenzieher gewartet. Tagtraum aus, Realität an: ich bin etwas ratlos bzw. vorsichtig zurückhaltend. Der Flansch für die Radaufnahme und die Ankerplatte sind -soweit ich das beurteilen kann- fest mit dem Achskörper verbunden und ich kann ad hoc nicht erkennen, ob bzw. wie man das Paar voneinander trennen kann. Vielleicht liegt es nur am Dreck der vergangenen Jahre, dass ich eine Befestigung nicht erkennen?! Laut Werkstatthandbuch lässt sich die Antriebswelle im eingebauten mittels eines weiteren Spezialwerkzeugs einfach nach innen ausdrücken. Auch ohne dieses Werkzeug konnte ich das nachvollziehen und die Welle relativ mühelos 1-2cm nach innen austreiben. Weiter traue ich mich allerdings erstmal nicht. Denn dadurch, dass der Flansch außen fest ist, kann die Welle ja praktisch nur nach innen in Richtung Differential. Und dann? Ob das wirklich so gewollt ist? Die Gefahr, dass etwas gestaucht wird ist schließlich da und deshalb beschließe ich, mich zuerst nochmal aufzuschlauen, bevor ich an der Stelle weitermache.

 

Ich schnappe mir also die demontierten Bremsen. Schließlich wollen diverse Reparatursätze verbaut werden und die Sattel sollen neue Farbei bekommen. In meinem privaten Ersatzteillager liegt bereits goldene Bremssattelfarbe von Foliatec und ich bin echt gespannt, wie das aussehen wird. Gold ist eigentlich gar nicht meine Farbe, aber in Kombination mit dem citrusgrün stelle ich mir das sehr passend vor.

 

Ich zünde Stufe 1: Teilewaschgerät. Mit auf 50 Grad aufgewärmter Reinigungsflüssigkeit werden die Sättel erstmal von Dreck, Bremsstaub und Öl/Fett befreit. Bei Außen- und damit auch Werkstatttemperaturen um die 0 Grad eine extrem angenehme Arbeit! 

 

Danach kommt Stufe 2: Bremskolben raus. In der deutlich wärmeren Kellerwerkstatt presse ich die Bremskolben mittels Druckluft aus den Zylindern. Habe das noch nie gemacht und bin überrascht, wie einfach das geht. Holzklotz zwischen die beiden Kolben gelegt, damit keiner der beiden Kolben rausfallen kann oder auf den anderen schlägt und dadurch etwas kaputt geht und dann über den Bremsschlauch vorsichtig ein paar Bar durchjagen. Plopp. Kolben bewegen sich nach innen, Holzklotz raus und danach lassen sich die restlichen Millimeter von Hand rausziehen. Stopp! Alles, was ich hier beschreibe, gilt nur für meine Vorderradbremsen. Bei den hinteren Bremsen sieht die Situation ab Einlegen des Holzklotzes in etwa so aus: ein paar Bar Luft drauf geben, äußerer Kolben bewegt sich, innen passiert nichts. Regler bis zum Anschlag drehen, äußerer Kolben bewegt sich, innen passiert nichts. Großen Kompressor anschließen und auf max drehen, äußerer Kolben bewegt sich, innen passiert nichts. Der Kolben ist offensichtlich von innen so festgerostet, dass ihm selbst 12bar nichts ausmachen. Ich erinnere mich an die zerbröselten Bremsbeläge der Hinterradbremse, die ich vorletzte Woche abgenommen habe. Die in Kombination mit nur einem sich bewegenden Kolben erklären so einiges... Ich durchforste sämtliche Schränke und Regale nach einer Zange, die mir ggf. weiterhelfen könnte, finde aber nichts passendes. Also erstmal Rostlöser einwirken lassen, vielleicht bringt das ja was... Zeitsprung: drei Tage regelmäßigen Rostlösereinsprühens später sind die Kolben immer noch fest. Endstation für meine bescheidenen Mittel, aber nicht die meines Kumpels Mario. Der nimmt sich der Sache an und auch wenn ich noch nicht spoilern will... er wird es schaffen ;-)

 

Solange die Hinterradbremsen also noch außer Hauses sind, zünde ich zumindest schonmal für die vorderen die 3. Stufe: Sandstrahlen. Mit der Drahtbürste behandle ich die Sättel vor und entferne den hartnäckigen Dreck an allen Stellen, an die so eine Bürste Zugang hat. Die vielen Ecken und Aussparungen erreiche ich aber damit nicht. Damit kein Sand in die empfindlichen Zylinder gelangt, verschließe ich die Öffnungen sorgfältig mit Pappscheiben. Danach geht's wieder raus in die kalte Werkstatt und rein in den Sandkasten. Rund 5min pro Sattel später sehen die guten Teile wieder richtig gut aus. Egal, lackiert werden sie (später) trotzdem noch ;-)

 

 

Dauer der Arbeiten: 1,5 Stunden

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